Energiewende durch Elektrifizierung – ein wichtiger Baustein für eine Welt mit Netto-Null-Emissionen
Mit ihrem erheblichen Potenzial zur Emissionsreduzierung ist die Energiewende in der Industrie eine wichtige Strategie, um eine nachhaltigere Zukunft für alle zu schaffen.
In Kürze
- Die Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels treiben eine zunehmende Elektrifizierung in vielen industriellen Prozessen, im Verkehr und in Gebäudemanagement-Anwendungen voran.
- Elektrifizierung ist eine führende Strategie zur Reduzierung der CO₂-Emissionen. Der Großteil dieser Reduzierungen ergibt sich dabei aus der Nutzung erneuerbarer Energie und aus der Umstellung von Anwendungen von fossilen Brennstoffen auf Strom aus erneuerbaren Energiequellen.
- Elektrisch betriebene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge haben in den letzten zehn Jahren ein enormes Wachstum verzeichnet. Andere Verkehrsmittel wie Luftfahrt und Überseeschifffahrt stehen aufgrund der komplexeren Anforderungen im Betrieb vor zusätzlichen technologischen Herausforderungen.
- Das vielversprechendste Potenzial bei der Elektrifizierung der Industrie liegt in Niedrigtemperatur-Wärmeprozessen, beispielsweise zur Trocknung von Lebensmitteln, in der Getränkeherstellung, der Papierverarbeitung und der Leichtindustrie.
- Batterien können bei der Elektrifizierung vielseitige Rollen übernehmen, von Mobilität und Verkehr bis zu Großspeichern in Stromnetzen, die Schwankungen in der Stromversorgung aus Photovoltaik/Sonne und Wind ausgleichen.
Elektrifizierung und Reduzierung der CO₂-Emissionen
Durch Elektrifizierung werden Technologien und Prozesse, die früher von nichtelektrischen Energiequellen wie fossilen Brennstoffen abhängig waren, auf den Betrieb mit Strom umgestellt, der idealerweise aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind und Wasser stammt. Der Hauptvorteil ist die Reduzierung der Treibhausgasemissionen.
Um im Energiesektor bis 2050 die Netto-Null-Emissionsziele zu erreichen, müssen alle verfügbaren Maßnahmen zur Reduzierung der CO₂-Emissionen genutzt werden. Die Elektrifizierung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Laut Prognosen wird sie im Energiesektor die wirkungsvollste Maßnahme zur CO₂-Reduzierung im Zeitraum von 2030 bis 2050 sein und von 2022 bis 2030 nach Wind und Sonne (Photovoltaik) an zweiter Stelle stehen. Die Elektrifizierung wird auch benötigt, um vor dem Ende des 21. Jahrhunderts die 1,5-°C-Schwelle des Pariser Klimaabkommens einzuhalten.
Der Großteil der Emissionsreduzierungen durch Elektrifizierung wird durch die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen erzielt, und die meisten dieser Maßnahmen werden durch Technologien ermöglicht, die bereits heute verfügbar und skalierbar sind.
Wichtige Erkenntnisse
Der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, Verbesserungen bei der Energieeffizienz und die direkte Elektrifizierung von Endanwendungen werden voraussichtlich 80 % der gesamten Emissionsreduzierungen bis 2030 ausmachen.
Um CO₂-Neutralität zu erreichen, müssen alle Industriesektoren mehrere Wege parallel beschreiten, u. a. Effizienzsteigerungen, CO₂-Abscheidung und Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) und die Umstellung auf Wasserstoff als Energieträger.
Elektrifizierung in vielen verschiedenen Branchen
Um die weltweiten und regionalen Netto-Null-Ziele einzuhalten, müssen Treibhausgasemissionen in den Bereichen Verkehr, Heizen und Industrie reduziert werden, in denen heute noch fossile Brennstoffe genutzt werden. Diese Anstrengungen zur werden nicht einfach und auch nicht ohne erhebliche Kosten umsetzbar sein. In den folgenden Abschnitten werden branchenspezifische Chancen für eine Energiewende aufgezeigt.
Verkehr
Die genauen Prozentsätze sind je nach Region unterschiedlich, aber aufgrund der weit verbreiteten Nutzung fossiler Kraftstoffe ist der Verkehr durchweg für einen erheblichen Teil der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Bei leichten Fahrzeugen macht die Elektrifizierung zwar Fortschritte, insgesamt entspricht sie aber weniger als einem Prozent des Energieverbrauchs in diesem Sektor. Dies verdeutlicht das Wachstumspotenzial bei leichten, mittelschweren und schweren Nutzfahrzeugen.
China, Europa und die USA sind heute die größten Märkte für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und für Elektrofahrzeuge (E-Fahrzeuge). Unter allen Ländern verzeichnet China aufgrund konsequenter staatlicher Richtlinien und Anreize und auch wegen fehlender Ölvorkommen im eigenen Land die höchsten Verkaufszahlen für E-Fahrzeuge.
Auf dem Markt für E-Fahrzeuge gibt es mehrere negative externe Effekte. Die größten sind Hindernisse durch die begrenzte Ladeinfrastruktur und die hohen Anschaffungskosten, die hauptsächlich den Batteriekosten zuzurechnen sind. Mit der wachsenden Zahl an Elektrofahrzeugen erhöht sich auch die Belastung der lokalen Stromnetze durch den erheblich steigenden Strombedarf. Dies kann jedoch durch eine strategische Erweiterung der Netzkapazität über eine lokale Stromerzeugung mit Photovoltaik-Mikronetzen an bestimmten Standorten ein Stück weit aufgefangen werden.
Bei schweren Nutzfahrzeuge sind zusätzliche Hindernisse zu überwinden. Da Lkw beispielsweise hohe Nutzlasten transportieren müssen, stellt das große Gewicht der Batterien bei einem Elektrofahrzeug die Konstrukteure vor schwierige Aufgaben. Darüber hinaus müssen Speditionen im Fernverkehr pro Tag oft viele hundert Kilometer zurücklegen. Bei häufigem Laden und langen Ladezeiten mit einer begrenzten Plug-in-Infrastruktur wäre dies eventuell gar nicht möglich. Ohne Innovationen zur Verkürzung der Ladezeiten und ohne ein besseres Verhältnis von Energie zu Gewicht bei den Batterien schränken diese Probleme die Möglichkeiten ein, dass Schwerlast-E-Fahrzeuge die vorhandenen, mit fossilen Kraftstoffen betriebenen Lkw-Flotten ersetzen können. Auch die Gesamtbetriebskosten spielen eine Rolle. Denn Elektro-Lkw sind zwar günstiger im Betrieb, die hohen Anfangsinvestitionen können für Spediteure jedoch eine hohe Hürde darstellen.
Für die Luftfahrt kommt eine Elektrifizierung schlichtweg nicht in Frage. Denn für die Erzeugung der Antriebskraft über die Strecken, die für einen wirtschaftlichen Luftverkehr erforderlich sind, würden so viele Batterien benötigt, dass diese viel zu schwer wären. Um die Emissionen zu reduzieren, untersucht die Branche stattdessen nachhaltige Luftfahrt-Biokraftstoffe und Möglichkeiten der Betriebsoptimierung.
Heizung
In Gebäuden wird Strom bereits zur Raumkühlung, für Kühlschränke, Beleuchtung und Computersysteme genutzt, aber es gibt noch weitere Möglichkeiten bei Raum- und Wasserheizungsanlagen, von denen viele mit Propan, Erdgas oder Heizöl betrieben werden.
Elektrische Wärmepumpen werden seit Jahrzehnten zur effizienten Beheizung und Kühlung von Häusern in gemäßigten Klimazonen eingesetzt, doch bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt stößt ein effektiver Betrieb an seine Grenzen. Jüngste technologische Innovationen wie drehzahlgeregelte Kompressoren mit Frequenzumrichter ermöglichen jedoch auch leistungsfähige Systeme in Klimazonen mit Temperaturen weit unter -12 °C.
Erdwärmepumpen haben zwar einen unübertroffenen Wirkungsgrad, die höheren Investitionskosten für die Umrüstung von Erdgasanlagen können jedoch eine Hindernis darstellen. Neubauten bieten oft die beste Gelegenheit, in diesem Bereich eine Elektrifizierung vorzunehmen, da vermutlich bereits im Vorfeld hohe Investitionen getätigt werden. Darüber hinaus können langfristige Einsparungen bei den Betriebsausgaben zusammen mit einem geringeren CO₂-Fußabdruck hier in vielen Fällen zusätzliche Investitionen rechtfertigen.
Generell ist die Elektrifizierung von Gebäuden mithilfe von Wärmepumpentechnologie in Kombination mit einer saubereren Stromerzeugung ein wichtiger Weg, um Klimaziele zu erreichen.
Elektrifizierung in der Industrie
Die Industrie verfügt über ein weitgehend ungenutztes Potenzial für die Elektrifizierung vieler Anlagen. Wenn dafür eine Netto-Null-Energie genutzt wird, kann so die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringert werden. Die besten Möglichkeiten für eine Elektrifizierung bieten sich bei Niedrigtemperatur-Wärmeprozessen, beispielsweise zur Trocknung von Lebensmitteln, in der Getränkeherstellung, der Papierverarbeitung und der Leichtindustrie. Hierzu gehören Prozesse, bei denen Wärme bis etwa 400 °C erzeugt werden muss.
Getränkehersteller können beispielsweise bisher mit Erdgas und Heizöl betriebene Prozesse elektrifizieren. Fertigungsprozesse, die zum Erhitzen von Wasser und Dampf fossile Brennstoffe eingesetzt haben, können Spezialanlagen wie Verdampfer mit Brüdenverdichtung, Dampftrockner und Elektrokessel nutzen. Nach Schätzungen von Experten können mehr als 50 Prozent aller fossilen Brennstoffe, die von Herstellern für den Betrieb von Prozessen verbraucht werden, durch Strom ersetzt werden und damit die Energiewende unterstützen.
Wie schnell industrielle Prozessen elektrifiziert werden können, die hohe Temperaturen von 1.000 °C (1,832 °F) und mehr erfordern, hängt von der Entwicklung neuer elektrischer Technologien ab, die Anlagen mit langen Lebenszyklen, beispielsweise in der Stahl- und Zementproduktion, ersetzen können. Beispielsweise werden Elektrolichtbogenöfen entwickelt, die die traditionellen Hochöfen ersetzen können und deutlich weniger Emissionen verursachen.
Insgesamt stößt die Industrie Treibhausgase über mehrere komplexe Wege aus. Dazu gehören indirekte Emissionen über den Bezug von Strom, der mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird, sowie direkte Emissionen durch die Verbrennung und Stromerzeugung auf Basis fossiler Brennstoffe am eigenen Standort. Hinzu kommen als Prozessnebenprodukte und durch Leckagen freigesetzte Treibhausgase. Die Elektrifizierung kann die Emissionen aus allen aufgeführten Quellen reduzieren, auch wenn die Anschaffungs- und Betriebskosten häufig höher sind.
Batterien
Bei jeder Diskussion über Elektrifizierung müssen Batterien und Batterietechnologien berücksichtigt werden. Batterien sind ein sehr wichtiger Baustein der Energiewende, insbesondere im Zusammenhang mit dem elektrifizierten Verkehr und Großspeichern in Stromnetzen, die die Versorgung aus intermittierenden Stromquellen wie Sonne (Photovoltaik) und Wind ausgleichen können. Batterien können auch eine mobile Stromerzeugung für Geräte und Systeme ermöglichen und kleine Generatoren sowie stationäre und mobile Anlagen ersetzen.
Es gibt verschiedene neue Batteriekonzepte und in jüngster Zeit erzielte Fortschritte in der Materialwissenschaft, die eine bessere Chemie und Effizienz von Batterien ermöglichen. Im Allgemeinen werden Lithium-Ionen-Batterien aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Energieeffizienz und langen Ladezyklen gegenüber anderen Batteriematerialien bevorzugt. Diese Batterien haben von Kostenvorteilen durch Massenproduktion profitiert und sind derzeit die primäre Batterietechnologie für große Netzspeicher.
Eine Batterie besteht aus einer Anode, einer Kathode, einem Separator, einem Elektrolyt und zwei Stromableitern (auch als „Kollektoren“) bezeichnet, einem positiven und einem negativen. Anode und Kathode speichern das Lithium, während der Elektrolyt positiv geladene Lithium-Ionen von der Anode zur Kathode und umgekehrt durch den Separator transportiert. Die Bewegung der Lithium-Ionen erzeugt freie Elektronen in der Anode, wodurch eine Spannung am positiven Stromableiter entsteht. Der Strom fließt dann vom Stromableiter durch das zu versorgende Gerät zum negativen Stromableiter. Der Separator blockiert den Elektronenfluss in der Batterie, lässt jedoch Lithium-Ionen hindurch.
Der Hauptvorteil von E-Fahrzeug- und Großbatterien für Stromnetze besteht darin, dass sie Strom nach Bedarf aufnehmen, speichern und abgeben können, ähnlich wie bei Pumpspeicherkraftwerken.
Herausforderungen bei Batteriemineralen
Durch die Nutzung der Vorteile von Batterien für die Elektrifizierung entstehen neue Herausforderungen im Zusammenhang mit den für die Batterieherstellung benötigten Rohstoffen. Die verantwortliche Beschaffung von Batteriemineralen ist ein wichtiges Thema auf der weltweiten Nachhaltigkeitsagenda. Bei der Gewinnung dieser Materialien muss daher mit einem vertrauenswürdigen Partner für Batterielösungen zusammengearbeitet werden.
Wie die meisten Batterien bestehen auch E-Fahrzeug-Batterien hauptsächlich aus sogenannten „Energy Transition Minerals“ (ETMs), d. h. wichtigen Mineralen für die Energiewende, die manchmal auch als „kritische Minerale“ bezeichnet werden. Derzeit sind die meisten Batterien für Elektrofahrzeuge Lithium-Ionen-Batterien, die unterschiedliche Mengen an kritischen Mineralen enthalten, u. a. Lithium, Kobalt, Nickel und Graphit. Viele dieser Materialien können in einer Kreislaufwirtschaft wiederverwendet und recycelt werden, im Gegensatz zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, die auf die kontinuierliche Gewinnung und Verbrennung fossiler Kraftstoffe angewiesen sind. In Elektromotoren für Elektrofahrzeuge und in Permanentmagneten für Windenergieanlagen werden noch weitere zu den Seltenen Erden gehörende Elemente benötigt, hinzu kommen große Mengen an Kupfer.
Nachhaltige Lieferketten müssen die Rückverfolgbarkeit dieser Materialien kontinuierlich verbessern. Batteriehersteller können bei der Auditierung und Zertifizierungen von Messgeräten die umfassende Fachkompetenz von Unternehmen wie Endress+Hauser nutzen.
Wichtige Erkenntnisse
Die meisten E-Fahrzeug-Batterien sind Lithium-Ionen-Batterien, die unterschiedliche Mengen an kritischen Mineralen wie Lithium, Kobalt, Nickel und Graphit enthalten. Viele dieser Materialien können in einer Kreislaufwirtschaft recycelt werden.
Elektrifizierung ist nicht die alleinige Lösung, aber ein zentraler Baustein
Geeignete Informationen und transparente Vergleiche in Bezug auf Kosten, technologische Machbarkeit und Umweltauswirkungen sind eine unverzichtbare Grundlage für Elektrifizierungsentscheidungen. Diese Informationen sind jedoch allzu oft unvollständig oder fehlen ganz. In vielen Branchen wissen die Kunden bei der Wahl zwischen konventionellen und elektrifizierten Lösungen über diese Zusammenhänge und die Verfügbarkeit staatlicher Anreize einfach nicht Bescheid oder haben sogar ganz falsche Informationen.
Glücklicherweise finden Elektrifizierung und andere CO₂-arme Technologien sowohl in der Industrie als auch bei privaten Verbrauchern immer weitere Verbreitung und werden erschwinglicher. Technische Fortschritte und Kostenvorteile durch Massenproduktion verstärken diesen Trend. Um Netto-Null-Ziele zu erreichen, müssen sich Unternehmen und Regierungen weiterhin Nachhaltigkeitsziele setzen und sich engagiert für sie eintreten. Dabei müssen sie Elektrifizierung und andere Verfahren nutzen, um die CO₂-Emissionen im Verkehr, beim Heizen und in der Industrie zu reduzieren.