Martin Raab
Head of Public Communication and Group Media Spokesman, global
Endress+Hauser sei es gelungen, die Gesundheit der Menschen zu schützen und die Kunden weiter gut zu unterstützen, sagte CEO Matthias Altendorf auf der Bilanzpressekonferenz in Basel. „Wir haben in der Pandemie geholfen, wichtige Bereiche unseres täglichen Lebens am Laufen zu halten. Unsere Arbeit ist wichtig für unsere Kunden und für die Gesellschaft.“ Endress+Hauser Produkte werden etwa eingesetzt, um Impfstoffe herzustellen; die Tochter Analytik Jena liefert PCR-Technologie zum Nachweis des Coronavirus.
Eine wichtige Rolle spielte die Digitalisierung, die in der Pandemie Fahrt aufnahm – in den Produkten, in der Zusammenarbeit, in internen Abläufen. Längst können Kunden alltägliche Transaktionen über die Endress+Hauser Webseite abwickeln. Die Zahl der registrierten Nutzer der Plattform verdoppelte sich, das Online-Geschäft wuchs um 39 Prozent. Die Visual Support App bringt bei Bedarf den Servicetechniker virtuell auf die Anlagen der Kunden. Selbst Werksabnahmen finden inzwischen videounterstützt aus der Ferne statt.
Dennoch sank der Umsatz der Gruppe 2020 um 2,8 Prozent auf 2,577 Milliarden Euro. Diese Zahl ist allerdings stark durch die Entwicklung der Wechselkurse beeinflusst. Außer dem Schweizer Franken werteten alle maßgeblichen Währungen gegenüber dem Euro ab. Ohne diese Einflüsse, so Finanzchef Dr. Luc Schultheiss, hätte Endress+Hauser fast den Vorjahresumsatz erreicht. „In lokalen Währungen liegen wir über dem Durchschnitt der Branche und haben uns im Markt gut behauptet.“
Einzelne Regionen, Branchen und Segmente entwickelten sich unterschiedlich. Von den drei umsatzstärksten Ländern erzielte nur China Wachstum, für Endress+Hauser nun der größte Einzelmarkt. In Deutschland und den USA dagegen gingen die Verkäufe zurück. Im Gegensatz zur Prozessmesstechnik verzeichnete die Laborinstrumentierung ein kräftiges Plus. Zyklische Branchen litten in der Krise, azyklische blieben stabil. „Die breite Abstützung im Markt hat uns geholfen“, sagte Matthias Altendorf.
Die Ertragskraft von Endress+Hauser litt nicht im vergangenen Jahr. Auf der Kostenseite wirkten sich 2020 die Wechselkurse positiv aus, etwa beim Materialaufwand. Weil viele geschäftliche Reisen und Aktivitäten ausfielen, sank der betriebliche Aufwand. Die Lohnkosten wuchsen unterdurchschnittlich. Insgesamt verringerte sich das Betriebsergebnis (EBIT) nur um 1,9 Prozent auf 337,1 Millionen Euro.
Weil sich das Finanzergebnis etwas verschlechterte, ging das Ergebnis vor Steuern (EBT) 2020 um 2,7 Prozent auf 337,6 Millionen Euro zurück. Die Umsatzrendite (ROS) blieb unverändert bei 13,1 Prozent. Das Ergebnis nach Steuern sank aufgrund höherer Abgaben um 4,1 Prozent auf 254,9 Millionen Euro. Die Firmengruppe ist praktisch frei von Bankschulden. Die Eigenkapitalquote stieg um 1,4 Punkte auf jetzt 77,0 Prozent. Finanzchef Luc Schultheiss sprach von einer „gesunden finanziellen Situation“.
„Die Gesellschafterfamilie ist froh und stolz, dass Endress+Hauser so gut durch dieses schwierige Jahr gekommen ist“, sagte Verwaltungsratspräsident Dr. h.c. Klaus Endress. Das Unternehmen hatte zu Beginn der Pandemie angekündigt, Kurzarbeit möglichst zu vermeiden und keine Mitarbeitenden aufgrund der Krise zu entlassen. Für den Verwaltungsratspräsidenten war dies ein wichtiges Zeichen. „Es war viel Solidarität im Unternehmen spürbar“, betonte Klaus Endress. „Das hat uns in der Krise geholfen.“
Die Zahl der Mitarbeitenden wuchs 2020 um 126 auf weltweit 14.454. Praktisch alle Auszubildenden wurden übernommen. Den Anteil der Frauen in Führungspositionen will Endress+Hauser bis 2030 auf rund 30 Prozent steigern – eine Verdoppelung gegenüber heute. Das Unternehmen hatte seinen ökologischen Fußabdruck bereits in den vergangenen Jahren deutlich verkleinert. Im Pandemie-Jahr sank der Kohlendioxid-Ausstoß weiter von 10,1 auf 8,9 Tonnen je Million Euro Umsatz.
Endress+Hauser trieb 2020 große Investitionsvorhaben voran. 205,9 Millionen Euro (10,9 Prozent weniger als im Vorjahr) flossen vor allem in die Produktion. Die beiden größten Projekte betreffen den Ausbau der Werke im deutschen Maulburg und im schweizerischen Reinach. Erweitert werden auch die Standorte Gerlingen und Waldheim/Sachsen in Deutschland sowie Aurangabad in Indien. Die Vertriebsgesellschaften in Kanada und Mexiko errichten ebenfalls neue Gebäude.
195,1 Millionen Euro gab das Unternehmen für Forschung und Entwicklung aus, 7,6 Prozent des Umsatzes. 276 Erfindungen meldete Endress+Hauser erstmals zum Patent an, 42 weniger als 2019. Für den CEO zeigt sich hier der Nachteil des Homeoffice: „Die Menschen sind kreativer, wenn sie sich gegenseitig inspirieren und kollaborativ nach Lösungen suchen.“ Die Innovationskraft der Gruppe ist jedoch intakt: 40 Produkte kamen 2020 neu auf den Markt; im laufenden Jahr sollen es 74 sein.
2021 möchte Endress+Hauser im mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen. Das Unternehmen startete mit Schwung ins laufende Jahr. In den ersten drei Monaten lag der Auftragseingang über den eigenen Zielen wie auch über dem noch starken ersten Quartal des Vorjahres. Allerdings belasten die Wechselkurse wiederum den konsolidierten Umsatz. Dazu erwartet das Unternehmen eine niedrigere Profitabilität, da viele Einsparungen des Jahres 2020 einmalig waren.
„Die Aussichten sind weiter von Unsicherheit geprägt“, betonte Firmenchef Matthias Altendorf. Neben weiteren Pandemiewellen und neuen Virusvarianten bereite die Lieferkette der gesamten Industrie weiterhin Sorgen. Endress+Hauser erhöht deshalb die Vorräte und stärkt das Lieferantennetzwerk. In China und Deutschland wurden zudem neue, leistungsfähige Logistikzentren in Betrieb genommen.
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